
Da wo die wilden Satelliten fliegen Wetterdaten direkt von der Quelle
Lesezeit: 3 Min
Ein Beitrag von Patrick Krämer.
Satelliten lösen nicht erst seit Lenas Triumph beim Eurovision Song Contest Begeisterung aus. Was ist cooler als ausgeklügelte Maschinen, die um die Erde kreisen und Informationen sammeln und senden? Rhetorische Frage. Für den Normalverbraucher sind sie aber ganz schön weit weg. Nicht nur weil sie in der Erdumlaufbahn schweben, sondern auch weil man ja bestimmt nieeeee Zugriff auf ihre Daten bekommt, oder?
Falsch gedacht! Ein Freund hat mir bereits vor ein paar Monaten gezeigt, dass es ohne besonderes Know-how möglich ist, Satellitenbilder direkt von amerikanischen NOAA-Wettersatelliten zu empfangen.
Schritt 1 – Vorbereitung ist die halbe Miete
Das Projekt nahm an einem sehr langweiligen Quarantäne-Nachmittag seinen Lauf. Das theoretische Wissen, wie und dass man die NOAA-Satelliten anzapfen kann, hatte ich wie gesagt schon. Und einen geeigneten Empfänger für die Satellitendaten (beispielsweise ein alter DVB-T USB-Stick) befand sich ebenfalls bereits in meinem Besitz. Das letzte – und noch fehlende – Puzzlestück: eine passende Antenne.
Nach etwas Grübeln kam mir der Gedanke, ob man nicht auch eine (auf dem Dach sowieso montierte) Radioantenne nutzen könnte. Die Frequenzen bewegen sich zumindest in derselben Größenordnung (bis 108MHz Radio, NOAA-Satelliten ab 137MHz). Einen Versuch war es also wert.
Meine ersten Versuche mit der Dach-Radioantenne zeigten schnell, dass das Unterfangen nicht völlig abwegig ist. Aber etwas Feintuning könnte nicht schaden.
Schritt 2 – Houston, wir müssen etwas nachjustieren
Nach ein bisschen herumspielen mit den Aufnahmeeinstellungen ließen sich zumindest bei hohen Überflügen die ersten erkennbaren Bilder empfangen. Die Schwankung kommt daher, dass diese Satelliten nicht geostationär sind. Es ist immer unterschiedlich, in welchem Winkel sie über einen Punkt auf der Erde fliegen. Das ist nicht bei allen Satelliten der Fall. Die Astra-Satelliten über die wir Satelliten-Fernsehen empfangen, haben zum Beispiel eine geostationäre Flugbahn.Ein Satelliten-Großprojekt das ebenfalls nicht geostationäre Satelliten benutzt, wurde von SpaceX vor kurzem auf den Weg gebracht.
Satellitenbilder direkt von der Quelle. Und hier kann man sogar schon etwas erkennen!
Schritt 3 – Automated Satellite Data Recording
Jedes Mal vorm Rechner zu sitzen und manuell aufzunehmen, wenn ein Satellit gerade in der Gegend ist, ist natürlich ziemlich umständlich. Inakzeptabel umständlich, weshalb ich mich natürlich prompt auf die Suche nach einer Automatisierung begeben habe.
Hierbei bin ich auf das Projekt wx-ground-station gestoßen, welches die Aufnahme automatisch startet und stoppt, die Daten in Bilder umwandelt und in die Cloud hochlädt.
Nach einem Fork des Projekts und einigen Anpassungen waren die Skripte soweit an meine Bedürfnisse angepasst und konnten zum Einsatz kommen. Zwischenzeitig wurde auch die Hardware noch um einen FM-Filter (um Störungen von Radiosendern zu vermeiden) und einen Empfangsverstärker erweitert.
Schritt 4 – Nur geteilte Satellitenbilder sind glücklich
Diese Bilder bringen aber niemandem (inklusive mir) etwas, wenn sie in einem einsamen Ordner auf meinem Server verstauben. Im letzten Schritt entwickelte ich also eine Webanwendung zur Darstellung der empfangenen Daten.
Dafür kamen auch viele mir von der Arbeit bei mmmake vertraute Technologien zum Einsatz: ASP.NET Core, TypeScript, KnockoutJS, Bootstrap, Docker. Nach einer längeren Coding-Session konnte ich endlich den Proof-of-Concept auf dem Server installieren. Über die nächsten Tage wurde die Anwendung dann noch um Features wie Paging, Sortierung, ein Dark Theme, eine verbesserte Vorschau und die Anzeige zukünftiger Satelliten-Überflüge erweitert.
Was ist mit euch?
Habt ihr während dem Lockdown auch ein paar außergewöhnliche Projekte umgesetzt? Lasst es mich wissen oder schreibt direkt an uns.
Das Projekt ist gehostet unter https://noaa.uwu.industries und ist selbstverständlich Open Source. Den Code findet ihr auf GitHub.
PS: Egal ob nerdiger Deep Dive, konkrete Sitecore-Verbesserungen oder Workshop-Erlebnisberichte: Mehr Stoff von unseren Techies bekommt ihr in unserer Blog-Rubrik „Tech Talk“.