
Reverse Mentoring: So bauen Sie ein Mentoring-Programm für Mitarbeiter:innen auf
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Nach dem D21 Digital fällt es Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen zunehmend schwerer, mit dem digitalen Wandel Schritt zu halten. Gerade ältere Menschen sind mit dem digitalen Wandel häufig überfordert. Wer würde sich in diesem Fall als Unterstützung besser eignen als digital affine Berufseinsteiger:innen? Halt, da ist doch etwas verdreht. Normalerweise coachen doch Berufserfahrene Berufseinsteiger:innen. Doch andersrum funktioniert es auch – und zwar mit Hilfe von Reverse Mentoring. Was das ist, was gute Mentor:innen und Mentees auszeichnet sowie welche Tipps und Tools es zu Mentoring-Programmen generell gibt, lernen Sie in diesem Blogartikel kennen.
Was ist Reverse Mentoring?
Im Gegensatz zum klassischen Mentoring steht beim Reverse Mentoring eine jüngere Person einer erfahreneren Person mit ihrer Expertise zur Seite. Die Berufseinsteiger:innen nehmen somit die Rolle des Mentors / der Mentorin und die Erfahrenen die Rolle des Mentees ein. Sie supporten Kolleg:innen mit einer höheren Hierarchiestufe bei ihren Fragen und Herausforderungen in verschiedenen Bereichen:
Digitale Fähigkeiten
Durch die digitale Affinität der jüngeren Generation können diese Führungskräfte oder Fachexpert:innen dabei unterstützen, ihre digitalen Skills auszubauen.
Employer Branding
Um in Zeiten des Fachkräftemangels qualifizierte Arbeitnehmer:innen der neuen Generationen anzusprechen, müssen Unternehmen auf die sich wandelnden Bedürfnisse eingehen. Wer könnte sich damit besser auskennen als die Generation selbst? Aus diesen Gründen sollten Berufseinsteiger:innen ihre Anforderungen an einen attraktiven Arbeitgeber mit Führungskräften und Berufserfahrenen teilen.
New Work & Führung
Auch in der Arbeitsweise können Berufserfahrene einiges von Berufseinsteiger:innen lernen – von Homeoffice über Work-Life-Balance bis hin zu Workation setzt die neue Generation ihre Prioritäten teils gänzlich anders. Wenn Führungskräfte und Berufserfahrene diese Ansätze annehmen, können sie gerade junge Mitarbeiter:innen an ihr Unternehmen binden.
Nachhaltigkeit und Umweltschutz
Da die jüngere Generation sich häufig sehr stark mit dem Klimawandel und dem damit einhergehenden Umweltschutz befasst, können sie die Unternehmensführung bei der Entwicklung einer nachhaltigen Unternehmensstrategie unterstützen.
Was sind Voraussetzungen für Reverse Mentoring?
Um den Erfolg des Austausches zu gewährleisten, sollten beide Parteien offen dafür sein. Zusätzlich müssen sie sich auf Augenhöhe und respektvoll gegenübertreten. Außerdem sollten die Tandempartner:innen ausreichend Zeit für das Programm haben. Eine der wesentlichen Voraussetzung ist, dass der Mentee nicht die Führungskraft des Mentors ist und sie nicht in Konkurrenz zueinanderstehen. Auch der menschliche Fit ist zentral, um eine vertraute und offene Atmosphäre zu schaffen. Zusätzlich sind Ehrlichkeit und Wertschätzung sehr wichtig. Insgesamt sollten beide Seiten ihre Ansätze teilen können, ohne dass die andere Person urteilt, denn nur so können innovative Ideen geschaffen werden.
Wie bauen Unternehmen ein Reverse-Mentoring-Programm auf?
Um die persönliche Entwicklung der Teilnehmer:innen zu fördern sowie den organisatorischen Wandel zu unterstützen, muss das Programm auf wesentlichen Schritten basieren.
1. Entwicklung eines Leitfadens
Definieren Sie Ziele sowohl für das Programm selbst als auch für die Bereiche, in denen Sie Verbesserungen erzielen möchten. Intention kann beispielsweise sein, die digitale Affinität zu fördern. Legen Sie in diesem Zuge auch Ansprechpartner:innen für die jeweiligen Tandems fest.
2. Identifikation der Teilnehmer:innen
Identifizieren Sie unter Berücksichtigung von Faktoren wie Erfahrung, Alter, Fachgebiet sowie persönlichen Interessen passende Teilnehmer:innen in Form von Mentees und Mentor:innen.
3. Etablierung eines Matching-Prozesses
Analysieren Sie, bei welchen Personen es die meisten Übereinstimmungsmerkmale zwischen fehlendem und vorhandenem Know-How, aber auch bezüglich persönlicher Eigenschaften gibt. Dabei sollte das Tandem hierarchie- und abteilungsübergreifend zusammengesetzt sein. In diesem Zuge können Fragebögen, Interviews oder Speed Datings unterstützen.
4. Festlegung der Erwartungen und Vereinbarungen
Stimmen Sie sämtliche Rahmenbedingungen mit Mentees und Mentor:innen ab. Dazu gehören: Zeitrahmen, Häufigkeit der Treffen, Themen und Verantwortlichkeiten. Ziel ist es, ein klares Verständnis für die Erwartungen an die Einzelnen zu schaffen.
5. Bereitstellung von Ressourcen und Schulungen
Um die Mentees und Mentor:innen mit den passenden Werkzeugen für das Programm auszustatten, führen Sie eine Kick-off-Veranstaltung sowie Schulungen durch. Die Themen der Schulungen sollten sich an den Bedürfnissen der Teilnehmer:innen orientieren – von Kommunikation über Feedback bis hin zur Konfliktlösung kann alles dabei sein.
6. Implementierung und Durchführung
Die Partner:innen gehen daraufhin eigenständig in den Austausch. Bieten Sie Unterstützung und Begleitmaßnahmen an, um für beide Parteien den größtmöglichen Erfolg zu generieren.
7. Evaluation und Anpassung
Lassen Sie die Teilnehmer:innen ihre Erfahrungen reflektieren, um das Programm zu evaluieren. Darauf aufbauend können Sie das Programm iterativ optimieren.
Welche Rolle spielen interne und externe Kommunikation im Reverse Mentoring?
Interne und externe Kommunikation tragen dazu bei, das Programm zu fördern, die Beteiligten zu informieren und den Wissensaustausch zwischen den Mitarbeiter:innen zu stärken.
Interne Kommunikation als Informationsinstrument
Die interne Kommunikation im Reverse Mentoring kann zur Ankündigung und Bewerbung des Programmes dienen, die Teilnehmer:innen-Auswahl unterstützen und Orientierung bieten. Durch klare und regelmäßige Kommunikation werden die Teilnehmer:innen informiert, vorbereitet und unterstützt.
Externe Kommunikation als Promotioninstrument
Zusätzlich sollte das Programm nach außen promotet werden. Durch gezielte Marketing- und PR-Maßnahmen gewinnt das Programm zum einen an Bekanntheit, zum anderen tragen diese das Engagement des Unternehmens für Mitarbeiter:innen-Entwicklung und Innovation nach außen. So wird das Unternehmen als Arbeitgeber wahrgenommen, der nicht nur spricht, sondern auch handelt. Es zeigt, dass dem Unternehmen die Weiterentwicklung der Mitarbeiter:innen am Herzen liegt. Best Practices und Success Stories eignen sich zur Unterstreichung dieser Punkte besonders.
Welche HR-Technologien können den Reverse-Mentoring-Prozess vereinfachen?
HR-Technologien wie SAP SuccessFactors können den Matching-Prozess vereinfachen. Die SAP SuccessFactors Succession & Development-Modul besitzt ein eigenes Lösung zum Thema Mentoring, das automatisiert auf Basis der vom Mentor und Mentee angegeben Daten Matches identifiziert. Dazu zieht der Algorithmus Mitarbeiter:innen-Daten aus anderen Modulen und vergleicht diese auf zuvor festgelegte Übereinstimmungen. Empfehlungen basieren auf Kriterien wie Fähigkeiten, Kompetenzen, Standort oder Vorlieben. Die Mentees und Mentoren können dann aus einer Auswahl an passenden Tandempartner:innen wählen. Der Matching-Prozess wird hierbei durch benutzerfreundlicher Assistenten, Tools für die Zusammenarbeit und Dashboards unterstützt.
Vorteile von Reverse Mentoring für Unternehmen
Durch das Reverse Mentoring entstehen eine Vielzahl an Vorteilen.
Erhöhter Wissenstransfer
Reverse Mentoring sorgt für Wissenstransfer zwischen verschiedenen Altersgruppen und Erfahrungsstufen im Unternehmen. Jüngere Mitarbeiter:innen können erfahreneren Kolleg:innen ihre Kenntnisse über Technologie, Trends und neue Arbeitsmethoden vermitteln. Dies führt zu einem andauernden Lernprozess und fördert die persönliche und berufliche Entwicklung aller Beteiligten.
Förderung der Vielfalt und Inklusion
Reverse Mentoring unterstützt die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Mitarbeiter:innen unterschiedlicher Altersgruppen, Erfahrungsstufen und Interessensgebiete. Dies schafft eine vielfältige und inklusive Arbeitskultur, in der sich alle Mitarbeiter:innen wertgeschätzt und respektiert fühlen.
Stärkung der Mitarbeiter:innen-Bindung
Durch Reverse Mentoring unterstützen und fördern Sie Ihre Mitarbeiter:innen in ihrem persönlichen und beruflichen Wachstum. Dies erhöht die Mitarbeiter:innen-Bindung, da sich die Mitarbeiter:innen in ihrer Weiterentwicklung unterstützt fühlen. Insgesamt sind zufriedene Mitarbeiter:innen tendenziell motivierter und eher von einer Fluktuation abgeneigt.
Anstieg von Innovation und Kreativität
Die Diskussion von Ideen und Perspektiven durch Mitarbeiter:innen verschiedener Altersgruppen und Erfahrungsstufen führt zu neuen Ansätzen in Form von Innovationen oder neuartigen Projekten.
Anpassung an den digitalen Wandel
Durch Reverse Mentoring können Berufseinsteiger:innen Berufserfahrene beim Umgang mit neuen Technologien unterstützen. Das Programm trägt somit dazu bei, den digitalen Wandel im Unternehmen zu fördern und die digitale Kompetenz aller Mitarbeiter:innen zu stärken.
Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehungen
Reverse Mentoring fördert Interaktionen zwischen Mitarbeiter:innen, die sich ohne das Programm möglicherweise nicht so intensiv auseinandersetzen würden. Dadurch kann ein tieferes Verständnis, gegenseitiger Respekt und gestärktes Vertrauen zwischen den Generationen im Unternehmen entstehen, was wiederum die zwischenmenschlichen Beziehungen stärket.
Nachteile von Reverse Mentoring
Wenn Unternehmen potenzielle Nachteile berücksichtigen und entsprechende Maßnahmen ergreifen, können sie die Wirksamkeit ihres Reverse-Mentoring-Programms maximieren und für alle Beteiligten einen Nutzen schaffen.
Widerstand gegenüber Veränderungen
Wenn Berufserfahrene das Gefühl haben, dass ihre Autorität in Frage gestellt wird, kann es passieren, dass sich diese gegen das Programm sträuben. In solchen Fällen ist es wichtig, ein offenes Gespräch zu suchen, um die Bedenken der erfahrenen Mitarbeiter:innen zu verstehen und mögliche Missverständnisse auszuräumen. Betonen Sie dabei die Chance zur gegenseitigen Weiterentwicklung und verdeutlichen Sie den Wert des Wissenstransfers von beiden Seiten. Darüber hinaus können Sie darauf hinweisen, dass das Programm dazu dient, das gesamte Team zu stärken und unterschiedliche Perspektiven zu integrieren, was letztendlich zu einer effektiveren Zusammenarbeit führen kann.
Herausforderungen bei der Paarung
Durch die Vielzahl an Persönlichkeiten, Arbeitsstilen und Interessen kann es schwierig sein, kompatible Tandempaare zu entwickeln. Es ist jedoch wichtig, dass die Paarungen matchen, um effektive und profitable Mentoring-Beziehungen zu gewährleisten.
Zeit- und Ressourcenaufwand
Reverse Mentoring kostet Zeit und Ressourcen für die Planung, Durchführung und Überwachung. Ressourcen und Zeit sind jedoch von zentraler Bedeutung für. Falls diese nicht zur Verfügung stehen, sollte von der Implementierung des Programms abgesehen werden.
Fazit: Reverse Mentoring kann die Zukunft von Unternehmen sichern
Reverse Mentoring stellt ein wichtiges Werkzeug dar, denn es fördert die Vielfalt, den Wissensaustausch und die Innovationspotenziale im Unternehmen. Durch unterstützende Tools beispielsweise aus der SAP-Landschaft können Zeit und Ressourcen gespart werden. Auch Kommunikation nimmt eine zentrale Rolle ein, da sie Orientierung bietet und den Wissensaustausch stärkt. Insgesamt kann Reverse Mentoring wesentlich zur Zukunftssicherung des Unternehmens beitragen.