Vom Silicon Valley nach Heilbronn
Lesezeit: 5 Min
Er hat das geschafft, von dem tausende Menschen träumen – eine Karriere im Silicon Valley! Thomas Bornheim war 14 Jahre lang Mitarbeiter von Google und das in Ländern auf der ganzen Welt. Jetzt ist Thomas Bornheim zurück in Deutschland, in neuer Funktion: Er ist Geschäftsführer der Codingschule 42 in Heilbronn, bei der die Studierenden das Programmieren lernen können. Wie die Zeit bei Google war, warum er vom Silicon Valley nach Heilbronn gewechselt ist und welche digitalen Trends er für die Zukunft sieht, das erfahren Sie in diesem Artikel.
mmmake: In den letzten 15 Jahren warst du immer Teil der digitalen Entwicklung, hast sie unter anderem hautnah im Silicon Valley bei Google miterlebt. Wie war das?
Thomas: Nach meinem Studium kam irgendwann das Jobangebot von Google hereingeflogen – ich sollte mithelfen, den Standort in Dublin mit aufzubauen. Da habe ich mich schon sehr gefreut: Zu dem Unternehmen zu gehen, das ich damals auch schon extrem cool fand. Google war zu dieser Zeit auch eines der ersten Unternehmen, die diese neue Message transportiert haben: Kommste her, haste Spaß. Es geht auch um dich, wir wollen, dass du lernst – das gab es ja bei den Jobs, die ich seither in Deutschland gemacht habe, gar nicht. Da war ich unheimlich froh darüber, dass das geklappt hat. Ich war auch in Indien oder Japan im Einsatz und habe dann in Kalifornien für Google gearbeitet. Google war für mich immer mehr und das ist ja auch das, was ihr bei mmmake aufbaut, eine Identität, bei der es einfach ein bisschen mehr ist als einfach zur Arbeit zu gehen. Da sehe ich einige Parallelen.
mmmake: Wie bist du denn dann in Heilbronn gelandet?
Thomas: Ich weiß nicht, wer das kennt: Man ist in einem Job und will etwas leisten und merkt dann, dass man nicht weiterkommt. Ich hatte bei Google Search Bildungsprojekte gemacht und strategisch angetrieben, dass wir uns auf Lernbedürfnisse einlassen und nicht einfach nur dieses Atomische, auf Suchbegriff folgt Antwort bieten, sondern auch ein bisschen personalisierter werden, Leute mit einer Entwicklungs- und Bildungsidee zu versorgen. Leider war das in keinem Interesse von irgendwem, das wäre zu viel Arbeit gewesen und es war viel zu neu gedacht. Das hat mich total unglücklich gemacht. Also machte ich mich auf die Suche nach anderen Möglichkeiten, mit Technologie etwas zu machen und das mit dem Hintergrund, den ich habe zu kombinieren. Als das Angebot von der 42 hereingeflogen kam, dort Schulleiter zu werden, habe ich mir das mal im Internet angeschaut und zugesagt. Es ist ein super geiler Job und macht mega Spaß. Wir haben über 200 Studierende. Was wir da aufgebaut haben, da bin ich echt massiv stolz und freue mich riesig, hier zu sein.
mmmake: Du bist seit 2020 Teil der 42 und hast in diesem Zuge viel miterlebt. Was war da dein bisheriges Highlight und für was steht die 42?
Thomas: Wir bieten bei der 42 ein alternatives Lernmodell an. Wir wollen den Studierenden einen innovativen und sicheren Ort bieten und fokussieren uns darauf, die Programmierer der Zukunft auszubilden. Ich habe da jeden Morgen einen Moment, wenn ich die Studierenden gemeinsam vor den Computern sitzen sehe. Dieser Moment, wenn jemand da mit dem Zeigefinger auf den Code zeigt und sie gemeinsam auf dem Code schauen und Code Reviews machen – da sehe ich, dass die Leute lernen und den Code berühren, sie kommen weiter. Dieser Lernmoment ist für mich ein unheimlich inspirierendes Gefühl.
mmmake: Dieser Lerneffekt ist ja auch etwas, was ihr mit mmmake im Rahmen unserer Kooperation macht. Studentinnen und Studenten kommen zu uns und da gibt es ein Menti- und Mentorenprogramm. Wie wichtig sind solche Kooperationen, wenn man diesen agilen Ansatz verfolgt, den man bei euch lebt?
Thomas: Mega wichtig. Viele, die bei uns sind, haben wenig Berufserfahrung und da möchten wir vermitteln, wie das Arbeitsleben eines Programmierenden aussieht. Ich glaube, es ist wichtig, rauszugehen und die Erfahrung zu machen, wie das in der echten Welt aussieht. Da erhoffe ich mir einen guten Mix zum einen auf das fokussierte und gemeinsame Lernen bei der 42 und der echten Praxis bei mmmake, wo Leute wirklich was draufhaben. Das sind ja auch die, die viel besser erklären können als jeder Professor oder Dozent. Das ist toll für die Studierenden.
mmmake: Kommen wir zu digitalen Trends. Was sagst du zu den aktuellen digitalen Trends?
Thomas: Also mich interessiert die Blockchain und NFTs überhaupt nicht. Ich finde, dass sich da Leute nur bereichern wollen und es geil finden, ohne zu arbeiten ihre 10 Millionen zu machen. Mich interessieren die Millionen nicht und nicht zu arbeiten, finde ich auch nicht das Spannendste. Ich will Dinge bewegen, Sachen lernen. Und das ist, glaube ich, so ein bisschen das, was ich kann. Ich finde Lernsoftware wie Duolingo oder 42 ganz nett.
Auch Apps finde ich total langweilig. Das, was mich interessiert, sind große Informationsquellen. Oder wenn man so eine App baut zu überlegen, welches Datenmodell es braucht und wie man das erreicht? Also Lösungen. Das finde ich ganz spannend. Aber die Problemfelder, die derzeit bearbeitet werden, das interessiert mich gar nicht so besonders.
Ich glaube tatsächlich, viele der digitalen Trends greifen bei mir nicht so richtig. Doch ich denke nicht, dass es an den Trends liegt. Ich glaube, das liegt daran, dass ich ein bisschen alt werde oder mich manche Sachen einfach nicht mehr so interessieren wie früher.
Bei Google habe ich das viel gemacht. Da bin ich intensiv in die digitalen Trends eingetaucht, um strategische Produktfelder zu erkunden. Aber ich habe mich fortlaufend weniger dafür interessiert, weil ich wenig neue, spannende digitale Trends gesehen habe. Mich hatte ja bei Google damals fasziniert, dass man Technologie nimmt, um wirklich Gehirne und Wissen zu erweitern, also dieses angelernte Wissen hinfällig zu machen, etwas zugänglicher zu machen.
mmmake: Was wäre denn ein digitaler Trend oder eine digitale Lösung in der Zukunft, die dich packen würde?
Thomas: Was ich ganz cool finde, ist tatsächlich, wenn wir uns unseren Planeten anschauen. Wir reiten das Ding ziemlich tief ins Schlamassel und es gibt wenig Hoffnung, dass wir das selbst irgendwie hinkriegen. Ich glaube, so ein Dashboard für die Welt, das wäre schon eine ganz gute Geschichte. Es ist höchste Eisenbahn, dass wir mit Open Data mit Nachhaltigkeitsprojekten etwas für unseren Planeten tun. Zum Beispiel Climatiq.io, ein Start-up aus Berlin, das Unternehmen und Städte dabei unterstützt CO2 Emissionen aufzuzeichnen, um daraus wichtige Schlüsse für die Nachhaltigkeit zu ziehen. Oder die Sensoren, die man benutzen kann, um die Gesundheit von Ökosystems festzustellen, das interessiert mich. Eines meiner Seitenprojekte im Silicon Valley war die Entwicklung von Sensoren, um zu messen, wie verschiedene Bienenstöcke sich entwickeln, weil man darüber relativ gut ablesen kann, wie gesund ein Ökosystem ist. Mich interessiert diese Verbindung aus Natur und Technik, um planetarisch in besseres Fahrwasser zu kommen. Beim Städteranking sind wir in Heilbronn mit 0 Punkten auf dem letzten Platz. Das ändern wir hoffentlich schnell.
Programmieren ist genau dein Ding? Dann komm zu uns in Team!